Neues Feld 2000 / 2018
Bei hellem Sonnenlicht erscheint der Weg stets klar.
Doch sind vom Nebel wir der Sicht beraubt,
wird zögerlich und suchend gleich der Schritt. -
Die Achtung des Gehörs und Ahnung treten ein,
anstatt des Augenscheins Gewißheit.
Ein weiter unbekannter Weg, der vor uns liegt
und weggerückt erscheint das Ziel…
Wer baut das Haus,
wer legt den Garten an,
ein Dach, das uns vor Regen schützend
Heimlichkeit und ruhigen Schlaf erlaubt?
Pilger hinter den Horizont,
hinter die Projektionen unseres Auffassungsvermögens -
was da herangeschoben ist an die Spiegelfläche…
Verstehend, Schritt für Schritt will
der Forschungsreisende den Boden unter seinen Füßen spüren.
Das Firmament unseres Augenblickes
(Das wissende Auge fügt das Firmament)
Ich stehe am Anfang des Weges
jeder Schritt ist wieder ein Schritt an den Anfang des Weges.
Wenn das Gespür die Bilder klärt und fügt -
der Weg verläuft in einen weitren Raum
und Bildung ist der eignen Taten Konsequenz.
Ein andrer Boden unter meinen Füßen
verweilend kurz, gewahrend
und neue Wendung, Gnade und Geschenk…
Ein Schein, eine Hoffnung, ein Wunsch, der uns hält,
ein zierlicher Faden,
der uns lenken und sichern soll
im Labyrinth täglicher Überstürzung.
Wir sprechen gewichtig und viel
über Sinn und Bestimmung
und taumeln, unverhofft getroffen
durch Kleinigkeit flüchtiger Blicke.
Sie läßt uns straucheln und reißt uns in Selbstverlußt.
Hinter den Augäpfeln hat sich Eros eingenistet
und bedingt sich Teilhabe an jedem Blick.
Es gibt keine Beständigkeit,
nur beständig, wieder und wieder
müssen wir uns neu konstituieren -
unsere Bezüge und Verhältnisse,
das Zusammenspiel und das Ineinandergreifen
unseres Handelns.
Ich liege im Gras
Am Himmel oben zwitschern die Lerchen
Riesenhafte Wolken wandeln ihre Gestalt
und dann --
Ein warmer Wind fährt in das Weizenfeld
er peitscht es auf
Gefügig neigt das Meer der Ähren sich den Wellen
die so plötzlich in die grüne Stille toben
Wildwogend taumeln Tausende der Ähren
in geschmeidigen Bewegungen nach den Gesten der heftigen Strömung
In einen gewaltigen Tanz ist die ganze Umgebung hineingerissen
und in vielerlei Formen laufen die Wellen aus
Nachdem diese Bewegung jedes Feld bis an den Rand durchzogen hat
ist wieder Ruhe eingekehrt
Am Himmel oben zwitschern die Lerchen
Unfassbar riesenhafte Wolkentürme stehen über mir
Ich liege im Gras und atme tief
und spüre die Luft sich in die äußersten Fasern
meines Körpers ergießend, und ich weine
Aus einem langen Schlaf erwachend,
noch ergriffen und bewegt von wunderbarer Kraft,
tritt ins Gefäß der Sinne eine andre Art Erlebnis.
Im Tasten ist die Schwere da,
der Widerstand und das Gewicht
des Leibes und der Dinge.
Die Hand berührt, und so,
im Tun umspannend, begreift sie.
Verstehend tritt dann Fuß zu Fuß
vorwärts,
in den Zeitraum eines ganzen Tages.
Wie ein streunender Hund
heimlich wildernd fremde Reviere durchstreicht,
und nirgends lange verweilt
bin ich unterwegs.
Noch weis ich heute nicht,
welcher Weg mich morgen erwartet.
Und was ich raube, auf meinem Streifzug südlich der Alpen -
es sind der Geschmack dieses Landes und die vielen Bilder…
Mein Weg führt durch die Lagunen im Delta des Po.
Er wird von den Möwen begleitet.
Sie lieben den Himmel wie das Wasser, und auch das Land.
Das sind mir die rechten Freunde -
Ich neide ihnen den geschmeidigen Gleitflug, und die Höhe,
welche sie mühelos erreichen.
Nach dem Regen - am Straßenrand rinnt noch das Wasser -
bricht die Sonne mit warmem Licht aus einer grauen Wolkenschicht heraus.
Reingewaschen, klar und unerschütterlich hat alles seinen Platz wie eh und je
und doch erscheint es neu -
wie wenn ein Schleier von den Augen weggezogen wäre,
und eigentlich erst jetzt ein ungetrübtes Bild entsteht…
Die Feldarbeit unserer Väter galt
der Fruchtbarkeit der Erde und dem Broterwerb,
in jedem Jahr, den Monden folgend…
Das Feld, das mir zu schaffen macht
ist diese weiße Fläche aus Papier,
willig alle Zeichen tragend,
als sei es Samen –
Ackerfurchen gleich, den Zeilen anvertraut.
Und keimt das Saatgut meiner Arbeit
in der Empfänglichkeit des Lesers,
weiß ich geduldig auf das Reifen dieser Frucht zu warten.
Immer wieder diese Spuren im Himmel -
die Wege der Weitreisenden kreuzen sich über uns…
An Tagen, wo alles spricht, sich ausspricht, - nein
wortlos sich doch offenbart…
Der Horizont von fernem Licht bemalt,
und unter mir der Acker rot und kalt,
und Baumgestrüpp am Rand des Weges.
Prüfend den Geschmack der Worte und der Satzgefüge, betrete ich den Pfad,
um dann auf einem schmalen Steg den Wasserlauf zu überqueren.
Wie der Rauch aufsteigt - zuerst ein reiner Zug,
dann quirlig sich verteilt, verliert, vergeht… -
nicht der Mündung - nein der Quelle gilt mein Weg.
1
Alle Heiligen über den Wolken
über grundlosem Blau
sie tragen das Licht und schieben
abends ein glühendes Gebirge über den Horizont…
Beatrice -
wer hat dem Fluß das Bett gegraben?
wer trägt uns durch die Finsternis des Schlafs?
…sie kennen nur flüchtige Berührung
mit Allem, was ihnen entfallen ist
und zählen die Geschichten all der Sedimente.
Ach Beatrice -
wie ist die Straße, die uns zu Füßen liegt
verschlungen geführt…
In der Dämmerung hatte ich den Turm bestiegen
hoch über der Felder und des Waldes grüner Fülle.
Drüben in den Wiesen - ein großes Zelt und Feuer davor
Menschen unter Lichtgirlanden feiern
und die Mütter achten auf das Spiel der Kinder…
Im Sturzflug die Mauersegler
deren schrilles Gelächter -
es beißt mich tief…
Festlich sind die Menschen gekleidet
und die Straßen dicht befahren.
In jede Richtung führt ein Weg…
Ich forme mich selbst in solchem Augenblick.
zurücktreten
betrachten
Erlebnis, Betroffenheit, Ahnung
in Formen hingießen -
das leistend, gebe ich Erfahrung Gestalt.
Wie schön, wie treffend Namen sein können!
Begreifen und benennen -
Begriffe formen die Dinge.
Wir modellieren mit unseren Begriffen
die Welt in ihrer Unterschiede hinein.